Willigis JÄGER

Willigis Jäger: Zen-Meister und Benediktiner

Willigis Jäger (1925–2020) war eine der herausragenden spirituellen Persönlichkeiten des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Als Benediktiner, Zen-Meister und Brückenbauer zwischen östlicher und westlicher Spiritualität prägte er die spirituelle Landschaft weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.

 

Frühe Jahre und Klostereintritt

Willigis Jäger wurde am 7. März 1925 in Hörstein, Unterfranken, geboren. Bereits in jungen Jahren zeigte er ein starkes Interesse an spirituellen und philosophischen Fragen. Nach der Schulzeit trat er 1946 in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach ein. Dort absolvierte er sein Noviziat und legte 1948 die Ewigen Gelübde ab. 1952 wurde er zum Priester geweiht. In den folgenden Jahren widmete er sich intensiv dem Studium der katholischen Theologie, aber auch der Philosophie und der Mystik, die ihn besonders faszinierte.

 

Begegnung mit Zen und Ausbildung in Japan

Ende der 1960er-Jahre begann Willigis Jäger, sich mit der östlichen Spiritualität auseinanderzusetzen. Er erkannte Parallelen zwischen der christlichen Mystik und der Praxis des Zen-Buddhismus. Diese Einsicht veränderte sein Leben grundlegend. Er reiste nach Japan und begann seine Ausbildung bei dem bekannten Zen-Meister Yamada Koun Roshi, einem Vertreter der Sanbo-Zen-Schule. Jäger wurde einer der ersten Europäer, die eine umfassende Ausbildung im Zen-Buddhismus durchliefen. Nach vielen Jahren intensiver Praxis wurde ihm 1980 von Yamada Koun der Titel eines Zen-Meisters verliehen, und er erhielt die Befugnis, selbst Schüler anzuleiten.

 

Lehre und Brückenbauer zwischen Ost und West

Zurück in Deutschland bemühte sich Willigis Jäger darum, die Zen-Praxis und ihre Weisheit mit den westlichen christlichen Traditionen zu verbinden. Er sah die Mystik als einen universellen Weg, der über religiöse Dogmen hinausgeht und direkt zum Kern der spirituellen Erfahrung führt. In den 1980er-Jahren begann er, Meditationskurse und Zen-Sesshins zu leiten, die Menschen unterschiedlichster Hintergründe anzogen. Seine Lehre betonte stets die Einheit aller Dinge und die direkte Erfahrung des „Seins“, das jenseits von Worten und Konzepten liegt.

Willigis Jäger vertrat die Auffassung, dass alle Religionen letztlich auf dieselbe grundlegende Wahrheit hinweisen und dass es notwendig ist, spirituelle Praktiken an die Erfordernisse der modernen Gesellschaft anzupassen. Mit dieser Haltung stieß er sowohl auf große Zustimmung als auch auf Kritik. Die katholische Kirche betrachtete seine Ansätze mit Skepsis, da sie fürchtete, dass er die Grenzen der christlichen Lehre zu weit ausdehnte.

 

Konflikt mit der katholischen Kirche

Im Jahr 2001 kam es zum Eklat: Die Glaubenskongregation des Vatikans untersagte Willigis Jäger die weitere Ausübung seines priesterlichen Dienstes. Der Grund war, dass seine Lehren sich zunehmend von der katholischen Dogmatik entfernten und er die universelle Mystik in den Vordergrund stellte. Trotz dieses Konflikts blieb Jäger seiner Berufung treu und setzte seine Arbeit als Zen-Meister und spiritueller Lehrer fort.

 

Gründung des Benediktushofes

Ein Meilenstein in Jägers Wirken war die Gründung des Benediktushofes in Holzkirchen (Unterfranken) im Jahr 2003. Der Benediktushof wurde zu einem Zentrum für Meditation, Achtsamkeit und spirituelle Bildung, das Menschen aus aller Welt anzog. Hier wurde ein Raum geschaffen, in dem Zen-Buddhismus, christliche Mystik und andere spirituelle Traditionen in einem offenen Dialog zusammenflossen. Der Benediktushof spiegelt Jägers Vision von einer globalen Spiritualität wider, die frei von religiösen Grenzen ist.

 

Werke und Vermächtnis

Willigis Jäger war ein produktiver Autor. Zu seinen bekanntesten Werken zählen:

  • „Die Welle ist das Meer“
  • „Auf dem Weg zu einem neuen Bewusstsein“
  • „Zen – Aufwachen zum Wesentlichen“ In seinen Büchern und Vorträgen verband er philosophische Tiefe mit praktischen Anleitungen zur Meditation und zur spirituellen Praxis.

Sein Wirken hat unzählige Menschen inspiriert, eine eigene spirituelle Praxis zu beginnen oder zu vertiefen. Er sah es als seine Aufgabe, den Menschen einen Weg zu zeigen, wie sie in der Stille und im Gewahrsein die Einheit mit dem Leben erfahren können.

 

Tod und Nachwirkung

Willigis Jäger starb am 20. März 2020 im Alter von 95 Jahren. Sein Leben und seine Lehre wirken jedoch weiter, insbesondere durch die Arbeit des Benediktushofes und seiner Schüler und der von ihm ernannten Lehrer, die seine Vision von einer offenen und integrativen Spiritualität weitertragen.

Sein Vermächtnis besteht in der Überwindung von religiösen Dogmen und der Betonung einer universellen Spiritualität, die in der direkten Erfahrung der Wirklichkeit wurzelt. Willigis Jäger bleibt eine bedeutende Figur, die die Möglichkeit eines Brückenschlags zwischen Ost und West sowie zwischen traditioneller und moderner Spiritualität aufgezeigt hat.

 

 

 

Willigis Jäger:  Mein Bekenntnis

 

"Das EINE ist meine wahre Natur und die aller Wesen.
Es ist zeitlos und unwandelbar, es entfaltet sich in der Zeit.
Es offenbart sich als diese Form, die ich bin. Es entstand nicht bei meiner Geburt und vergeht nicht im Tod.
Es ist weder gut noch böse und mit nichts vergleichbar.
Es ist non-dual und wie der Ozean, der unverändert bleibt,
auch wenn er Millionen von Wellen wirft.
Dieses EINE ist der Urgrund aller Dinge. Es ist unendlich.
Es hat nie angefangen, denn es kennt keine Zeit.
Daher hört es niemals auf Es lässt sich nur erfahren.
Es ist gleichsam der »Zeuge«, der hinter allen Handlungen steht.
Die formlose Potenz, der alle Formen entsteigen.
Dieses EINE ist mein wahres Wesen.
Es übersteigt alle Theologie, Philosophie, Theodizee und Metaphysik.
Es hat nichts mit Glauben zu tun.
Es ist das grenzenlose, absolute Jetzt.
Diesem zeitlosen Jetzt entsteigen die vielen Formen und Wesen des Universums
wie aus einem unendlich tiefen, nie versiegenden Brunnen.

 

 

 

 

Willigis Jäger, Zenmeister und Benediktinerpriester, hat sich intensiv mit der transreligiösen Verknüpfung von christlicher Mystik und Zen auseinandergesetzt. Sein Anliegen ist es, die tiefen spirituellen Erfahrungen beider Traditionen zu verbinden, um eine tiefere Form der Erkenntnis und des inneren Friedens zu erlangen.

 Jäger sieht in beiden Wegen, sowohl im Zen als auch in der christlichen Mystik, das Streben nach unmittelbarer Erfahrung der Gegenwart Gottes bzw. des göttlichen Urgrundes.

Er betont, dass sowohl die christliche Mystik als auch das Zen eine Praxis erfordern, die über das Denken und intellektuelle Begreifen hinausgeht. Im Zen ist dies die meditative Praxis der Zazen, bei der der Praktizierende in die unmittelbare Erfahrung des „Jetzt“ eintaucht, ohne sich durch Konzepte oder Gedanken ablenken zu lassen. Ähnlich wird in der christlichen Mystik, etwa bei Johannes vom Kreuz oder Teresa von Ávila, das Ziel beschrieben, in einem Zustand der inneren Leere und Offenheit die göttliche Präsenz zu erfahren.

Jäger sieht die Parallelen in der Praxis der „Erlösung des Egos“ und der „Verwirklichung der Wahrheit“ in beiden Traditionen. Beide Wege erfordern ein Loslassen von äußeren Identifikationen und Vorstellungen, um eine tiefe Verbundenheit mit dem Göttlichen oder der letztlichen Wirklichkeit zu erfahren. Für Jäger ist die transreligiöse Verknüpfung von Zen und christlicher Mystik eine Einladung, die tiefere Einheit hinter den scheinbar unterschiedlichen Wegen zu entdecken.

 

 

 

 

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