Z E N  

Eine besondere Überlieferung außerhalb der orthodoxen Lehre

unabhängig von heiligen Schriften

und das unmittelbare Deuten auf des Menschen Herz

führen zur Schau des eigenen Wesens und zur Buddha-Werdung

Daisetz Teitaro Suzuki in: SATORI. (O.W. Barth Verlag)


 

 

Zen ist eine Erfahrung, die du mit dir machst. 

Darum kann Zen nicht beschrieben werden, sondern eben nur erfahren.

 

Zen ist nichts Besonderes oder Heiliges außerhalb von dir, sondern du erlebst es ständig und ununterbrochen, weil

du es selbst bist. Das gilt es zu entdecken.

 

 

 

 

Das Wesen des Zen: Eine philosophische und spirituelle Praxis jenseits von Religion

Zen ist eine tiefgründige Praxis, die auf den ersten Blick sowohl spirituell als auch philosophisch wirkt, und dennoch unterscheidet sie sich deutlich von vielen traditionellen religiösen Systemen. Oft wird Zen fälschlicherweise als eine Form des Buddhismus oder als eine Religion an sich betrachtet, jedoch ist dies eine missverständliche Verallgemeinerung. Zen ist keine Religion im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr eine Lebenspraxis, die tief in der Erfahrung des gegenwärtigen Moments verwurzelt ist.

Zen als Praxis und nicht als Religion

Zen ist in erster Linie eine Praxis der Achtsamkeit und des direkten Erlebens, die sich auf das Erwachen im gegenwärtigen Moment konzentriert. Es gibt keine dogmatischen Glaubenssätze oder Rituale, die befolgt werden müssen. Stattdessen liegt der Fokus auf der direkten Erfahrung der Realität, ohne die Filter von Gedanken, Konzepten oder vorgefassten Meinungen. In Zen geht es nicht darum, etwas zu glauben oder zu akzeptieren, sondern darum, direkt zu erfahren, was der Moment uns offenbart. Dies steht im Gegensatz zu vielen Religionen, in denen der Glaube an eine höhere Macht oder ein jenseitiges Leben eine zentrale Rolle spielt.

Der Begriff „Zen“ leitet sich vom Sanskrit-Wort „dhyāna“ ab, was so viel wie „Meditation“ bedeutet. Zen ist im Wesentlichen die Praxis der Meditation (Zazen), die darauf abzielt, den Geist zu beruhigen und zur tiefsten, unmittelbaren Erfahrung des Lebens zu gelangen. Dies geschieht durch das Loslassen von Gedanken und Konzepten, die uns von der gegenwärtigen Erfahrung ablenken. Zen bedeutet daher nicht, etwas zu erreichen oder zu erlangen, sondern vielmehr das Verlieren von allem, was uns vom direkten Erleben trennt. In Zen wird keine metaphysische Wahrheit gelehrt, sondern es geht darum, in die Realität des Augenblicks einzutauchen.

Zen und der Buddhismus: Eine Verwirrung

Zen wird oft als eine „Schule des Buddhismus“ bezeichnet, da es in den chinesischen und japanischen Kulturen seine Wurzeln hat und dort in der Tradition des Buddhismus gewachsen ist. Doch Zen ist nicht zwangsläufig buddhistisch, und es lässt sich nicht vollständig auf die traditionellen buddhistischen Lehren reduzieren. Es handelt sich vielmehr um eine praktische Methode zur Befreiung des Geistes, die tief in Erfahrung und Praxis verankert ist. Zen könnte daher als eine spirituelle Praxis beschrieben werden, die nicht auf den Glauben an ein bestimmtes Weltbild oder religiöse Theorien angewiesen ist.

Zen stellt die Frage nicht nach einer „höheren Wahrheit“ oder einem „höheren Ziel“, sondern nach dem, was im Hier und Jetzt erfahrbar ist. Es lehrt, dass wahres Erwachen nicht durch den intellektuellen Verstand oder den Glauben an Dogmen erlangt wird, sondern durch direktes Erleben des Moments. Es ist daher nicht mit einer traditionellen religiösen Struktur zu verwechseln, sondern eher mit einer Lebensweise, die den Fokus auf das Sein und den Moment legt.

Die Parallelen zur christlichen Mystik

Es ist bemerkenswert, dass ähnliche innere Erfahrungen, die im Zen beschrieben werden, auch in der christlichen Mystik zu finden sind. Mystiker wie Meister Eckhart, Johannes vom Kreuz und Teresa von Ávila haben Erfahrungen der Gegenwart Gottes und der direkten inneren Erfahrung dokumentiert, die mit Zen-Erfahrungen bemerkenswerte Parallelen aufweisen. Diese mystischen Erlebnisse betreffen nicht den intellektuellen Glauben oder dogmatische Überzeugungen, sondern ein tiefes Erleben des Einsseins und der Vereinigung mit dem Göttlichen.

Wie im Zen geht es auch in der christlichen Mystik um das Loslassen von Gedanken und Konzepten, um in den „unmittelbaren“ Raum der Gegenwart einzutreten. Johannes vom Kreuz beschreibt den Weg der „dunklen Nacht der Seele“, in der der Mensch seine eigenen Vorstellungen und den Glauben an die Trennung von Gott hinter sich lässt. Dieser Zustand der „Leere“ und der inneren Entleerung, die der Mystiker erfährt, hat viele Ähnlichkeiten mit den Zen-Praktiken des Loslassens und der Non-Dualität.

Das Einswerden mit dem göttlichen oder die göttliche Gegenwart in der christlichen Mystik ist vergleichbar mit dem, was Zen als das „Erwachen“ bezeichnet. Beide Traditionen beschreiben eine Erfahrung, in der der Mensch in einem Zustand des Einsseins mit der Welt, der Natur oder dem Göttlichen aufgeht, ohne die Distanz von Konzepten oder Überzeugungen.

Die Sprache der Erfahrung

Es ist wichtig zu verstehen, dass Zen und die christliche Mystik zwar ähnliche innere Erfahrungen beschreiben, diese aber oft in unterschiedlichen Begriffen und Traditionen ausgedrückt werden, also in der Sprache der jeweiligen Kultur. Die christlichen Mystiker sprechen von der „Gegenwart Gottes“ und der „göttlichen Vereinigung“ aber auch von der „Vereinigung des Nichts mit dem Nichts“,  während Zen die Erfahrung der Leere (Leerheit) oder des Wachens im Moment beschreibt. Die metaphysischen Erklärungen sind unterschiedlich, aber die Erfahrungen der tiefen Verbundenheit und der Innerlichkeit sind sich ähnlich.

In der christlichen Mystik wird oft von einem Eintauchen in die göttliche Gegenwart und der Erleuchtung des Geistes gesprochen, während Zen von einem Erwachen aus der Täuschung der dualistischen Wahrnehmung spricht. Beide Traditionen betonen jedoch das Erleben des Moments und das Loslassen von den Strukturen des Ego oder des Individuums, um eine tiefere Einheit mit der Welt zu erfahren.

Fazit: Zen als universelle Praxis

Zen ist also keine Religion im herkömmlichen Sinne und sollte nicht mit einer bestimmten Glaubensrichtung verwechselt werden. Es ist vielmehr eine praxisorientierte Methode, die jedem Menschen, unabhängig von seiner religiösen Zugehörigkeit, offensteht. Die inneren Erfahrungen, die in Zen beschrieben werden, sind nicht einzigartig für den Buddhismus, sondern lassen sich auch in anderen mystischen Traditionen finden, wie zum Beispiel in der christlichen Mystik. Beide Traditionen, Zen und die christliche Mystik, teilen die Erfahrung der Verbindung mit dem Göttlichen und des Erwachens aus der Illusion der Trennung – sie unterscheiden sich lediglich in der Art und Weise, wie sie diese Erfahrungen ausdrücken und interpretieren. Zen ist daher ein universeller Pfad zur inneren Wahrheit, der in jedem Moment erlebt werden kann, unabhängig von religiösen oder kulturellen Unterschieden.

 

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